Montag, 5. Oktober 2015

Der einzig wahre Weg: Recovery

Ich denke es wird mal wieder Zeit für einen neuen Blogpost, denn der letzte ist schon eine halbe Ewigkeit her.. Leider.. Aber mir fehlte jegliche Motivation und Lust und vor allem eine Idee.

Wie der Titel schon sagt, will ich über das einzig richtige in der Zeit einer Essstörung schreiben- nämlich über die Recovery (das Gesund werden, Genesen, oder wie auch immer man es nennen möchte). Ich will euch zeigen, was das recovern mit sich bringt, welche positiven Seiten ihr schnell erkennen werdet, welche Möglichkeiten es gibt um überhaupt dorthin zu gelangen und am Ende will ich euch - den Kämpfern da draußen und die die es noch werden wollen - ein Buch zu tiefst ans Herzen legen. 

Aber nun von vorn: Wie kam es bei mir zu diesem Entschluss und was geschah danach? 
Die Geschichte ist kurz, aber zeigt auch verschiedenste Möglichkeiten. Alles begann eigentlich damit, das ich mich immer schlechte fühlte- körperlich und seelisch. Ich wurde immer weniger, mir ging es von Tag zu Tag schlechter, die Gedanken wurden immer schlimmer. Ich befand mich zwischen nichts essen und alles essen. Zwischen Sport und kotzen. Und dann gab es noch den kleinen Gedanken in mir, endlich wieder gesund werden zu wollen. Lange genug hab ich mir damit mein Leben erschwert und mir wortwörtlich das Leben genommen. Ich wollte nicht mehr, das es so weitergeht. ICH WOLLTE WIEDER LEBEN. Und ich denke, dieser Punkt ist der wichtigste, denn das ist die Einsicht, die meistens immer zu spät kommt. Aber besser als nie oder? Definitiv! Es ist so schwer sich einzugestehen, das man überhaupt krank ist. Krank? Ich? Niemals? Aber oh doch, man muss nur eins und eins zusammenzählen, so wie wir es in der Schule gelernt haben. Wenn diese Einsicht dann jedoch da ist, ist es Zeit zu handeln. Aber wie hab ich mich nur zu oft gefragt.. Einfach wieder normal essen? Nein, geht dann doch nicht so einfach, denn die Gedanken und das schlechte Gewissen nagt zu sehr an einem. Wie oft stand ich vor dem Kühlschrank und habe mit leeren Augen reingeschaut.. Zu oft.. Wie oft hab ich mir beim Bäcker gewünscht einen Croissant oder eine Brezel zu essen? Zu oft.. Wie oft hat meine Mum mich mit traurigen Augen angeschaut und ich wusste genau was diese Augen mir sagen wollten: Iss doch bitte.. Ich kann dich nicht gehen lassen, ich kann dich doch nicht sterben lassen.? Auch das, viel zu oft und das ist das schlimmste.. Ich hab meinen Papa nie weinen sehen, aber in dieser Zeit flossen die Tränen zu oft. Es zerbricht einen verdammt nochmal das Herz. In der Schule ging das Drama weiter, nachdem es die ersten wussten, flehten auch ihre Blicke mich an, mir doch endlich Hilfe zu suchen. 
Meine Mum unternahm in dieser Zeit Dinge, von denen ich bis dahin nichts wusste. Sie telefonierte mit Ärzten, Therapeuten und Psychiatern, um mir endlich helfen zu können. Denn das verdiente ich. Aber die Ärzte sagten, sie wären nicht darauf spezialisiert. Die Therapeuten konnten nichts ohne die Ärzte machen und hatten zu dem Wartezeiten von bis zu 6 Monaten. Bei den Psychiatern sah es ähnlich aus. Aber nichts desto trotz sollte man aufgeben. Weitersuchen ist das Stichwort oder einfach zu irgendeinem Arzt gehen, schließlich können die einen nicht so einfach wegschicken. Das hat meine Mum dann auch getan, mit den Worten ´´Du musst zur Zeckenimpfung.´´ Mit den Gedanken an die Impfung ging ich also hin und dann ging das Theater los. Wiegen, Blut abnehmen, Blutdruck messen und Urinprobe. Das kam mir dann schon komisch vor, aber man weiß ja nie. Als sie dann aber plötzlich anfing von Essstörungen zu reden und meine Mum mit reinzuholen, bin ich innerlich eskaliert. So wahr will man es dann doch nicht haben. Und was machen verängstigte Menschen, die sich schützen wollen? Richtig, wegrennen. Meine Mum blieb allerdings und kam dann mit einer Überweisung von einer befreundeten Psychiaterin meiner Ärztin zurück. Dann gab es kein zurück mehr. Nach ewig langen Gesprächen mit meiner Mum, haben wir uns dann für eine Klinik entschieden und ich wusste das war der Beste Weg. Ich hatte panische Angst. Hab geweint. Wollte nur noch weg. Meine Sicherheit und Kontrolle wurde mir genommen- im Nachhinein betrachtet, ist das das einzig richtige. In der Klinik konnte ich mir meinen sehnlichsten Wunsch erfüllen- wieder essen und Spaß haben. Ich habe so viele tolle Menschen kennengelernt, mit denen ich teilweise noch heute Kontakt habe. Zusammen ist man stark und niemals ganz allein. Auch das man mal von zu Hause wegkommt, ist nicht schlecht und bringt vieles positive mit sich. Ich wurde selbstständiger, konnte mich loslösen und meine eigene Identität entdecken. Ohne Klinik wäre das niemals passiert. Aber das ist ein anderes Kapitel. 
Trotz viele Rückschlägen und ständigen Abnahmen und dem Gefangen sein in der Essstörung, habe ich den Gedanken an das Gesund werden, nie wieder losgelassen. Es drang immer weiter nach vorn in meinem Kopf und konnte sogar die anorektischen und bulimischen Stimmen ein wenig verdrängen. Ist das nicht toll? JAAA! Ihr glaubt gar nicht wie toll es ist, wenn man nicht 24/7 an Essen oder Gewicht oder Kalorien denkt. Denn all das wird einen in der Klinik abgenommen. Da sind Profis (naja zumindest meistens) und man kann meinen sie wissen was sie tun. Das gibt einen Ruhe. 
Trotz allem kann ich nur sagen, bleibt nicht zu lange in der Klinik. Meine fast 5 Monate waren einfach zu viel. Ich habe den Absprung verpasst und nach einer Weile geht einen nur alles auf den Sack und auf die Nerven. Mich hat alles nur noch angekotzt. Also verpasst den richtigen Moment des Absprungs nicht. 

Wie ging es zu Hause weiter?
Zu Hause ging eigentlich der normale (naja fast normale) Alltag weiter, wären da nicht die ständigen Sorgen meinerseits und die von meiner Mum gewesen. Aber wisst ihr was dabei hilft? Reden!!! Auch wenn ihr keinen Bock dazu habt, ihr könnt eure Gefühle und Gedanken nicht euer ganzes Leben unterdrücken. Auch hier kommt wieder die Einsicht ins Spiel. Reden hilft und löst Probleme. 
Der nächste Schritt war es dann, sich um einen Therapeuten zu kümmern. (Am besten man beginnt schon mit der Suche in der Klinik). Den hatte ich dann auch recht schnell, aber gemocht hab ich die Person nie. Daher ging es dann ganz schnell von meiner Seite zu sagen: Nööö ich brauch das nicht, ich bin gesund. Typisch Kleinkind würde ich sagen. Und es war einfach nur naiv von mir zu denken, das ich das schaffe- allein, denn meine Mum hat erst ein halbes Jahr später erfahren, dass ich nicht mehr zu dieser Therapeutin gehe. Mir ging es schnell wieder schlechter und Rückfall numero 1 meldete sich an. Da geh ich jetzt aber nicht näher drauf ein. Genauso wie auf Rückfall 2 und 3. Das Spiel wiederholte sich zu oft. Trotzdem hab ich niemals aufgegeben und habe immer wieder neuen Mut gefasst. Das ist Stärke. Nach dem ich dann nach ca. 3 Jahren eine gute Therapeutin gefunden habe und ich mich an sie gewöhnt hatte, ging es schnell bergauf und hält immer noch an. Aber Rückschläge gibt es immer noch, aber na und! Ich kann damit leben und habe die richtigen Lösungen gefunden. Dazu werde ich mal einen anderen Post schreiben. 

Es gibt nur zwei Möglichkeiten? 
Nein, es gibt vermutlich unendlich viele. Aber die letzte auf die ich noch eingehen will, ist es ganz allein zu Hause zu schaffen. Ich hab es nie probiert, weil ich die Möglichkeit dazu einfach nicht hatte. Aber ich denke, man kann es schaffen. Wie effektiv, kann ich leider nicht beantworten. Aber jeder kann es für sich rausfinden, aber man sollte auch selbst rechtzeitig erkennen, wenn es so eben nicht funktioniert. Es ist kein Verbrechen und auch keine schlimme Tat in eine Klinik zu gehen oder sich einen Therapeuten zu suchen, schließlich ist sowas dafür da. 

Was ich noch kurz anmerken will, ich finde es ziemlich feige, wenn man sich immer wieder selbst einredet, dass man nicht krank genug ist. Ich weiß das ist ein Teil der Essstörung, aber verdammt hört doch auf, auf diese scheiß Krankheit zu hören. Habt ihr es nicht verdient zu leben? Habt ihr es nicht verdient Spaß zu haben? Habt ihr es nicht verdient zu lachen und zu essen? DOCH VERDAMMT DAS HABT IHR!!! Hört auf euch sowas einzureden, schließlich könnten es eure letzten Worte oder Gedanken sein, bis eure Eltern euch euren Sarg aussuchen..Stellt euch das doch mal vor.. Allein schon bei den Gedanken bekomm ich Gänsehaut. Ich weiß, das klingt hart, aber es ist die verdammte Realität. 

So nun die positiven Seiten, es sind zu viele, daher nur das Wichtigste:

LACHEN: Ich hatte zu lange mein wahres Lachen in mir vergraben. Ich meine worüber soll man auch lachen? Über die Essstörung? Über das was man nicht essen kann? Über das bisschen was man überhaupt gegessen hat? Über die Emotionslosigkeit? BESTIMMT NICHT! Wann habt ihr das letzte mal wirklich gelacht? In dem Punkt geht meine vollste Dankbarkeit an meine beste Freundin, Melissa (annnaaal, schnell reden :) ) und an all meine anderen Freunde, die mir immer wieder den Tag versüßen.

ETWAS MIT FREUNDEN UNTERNEHMEN: Nöööö, man hat alles getan um solchen Situationen aus dem Weg zu gehen, weil man Essenssituationen vermeiden will. Aber ihr wisst gar nicht was ir alles verpasst. Nichts ist schöner, als sich mit neuen Dingen herauszufordern. Neues Essen zu genießen, was man sich sonst nie getraut hätte. Die besten Pommes und Burger, Bagels, belegte Brötchen oder Pizza und und und zu essen und zu genießen. Nichts ist schöner...  Aber nein, genau solche Situationen werden vermieden, Ausreden gesucht und gelogen..

LEBEN, mehr muss ich nicht sagen oder?

und dann wären da noch: 
strahlende Augen, rosige Wangen, Urlaube, fremdes und geiles Essen, Partys, Feiern, Geburtstage, Torte, Kuchen, Schokolade, Nutella, Gummibärchen, Pizza, Sommer, Frühlinge, Herbst und Winter ohne frieren und verstecken, Pizza bestellen, Energie haben, Sport ohne Qualen, heißer Kakao, Fast Food, neues Essen probieren, Bäckereien, entspannen, Liebe, Freundschaften, Kinder, Sonnenuntergänge und Aufgänge, Städtetrips, kochen und backen und es essen, Eis, Schulabschluss, studieren, Familie, Cookies, Kinobesuche und buttriges Popcorn, Alkohol, Oktoberfest, Weihnachtsmärkte, gebrannte Mandeln, Riesenbrezeln, frische Brötchen, Gebäck, Franzbrötchen... LEBEN HALT


Ich will euch einfach nochmal ans Herz legen, dass es all das Wert ist und das es nichts schöneres gibt, als zu leben, auch wenn man nicht geheilt ist und es immer Rückschläge gibt.. Es lohnt sich so sehr. wirklich...

Jetzt noch zu dem Buch: Gramm für Gramm zurück ins Leben von Harriet Brown!!!
Einfach lesen...


Passt auf euch auf ❤️
Eure Anna

Mittwoch, 15. Juli 2015

Wie im Wahn!

Anders als meine vorherigen Posts, handelt dieser nicht von meiner Magersucht, sondern von dem Leben mit Bulimie. Ich weiß nicht ob euch das interessiert, aber ich denke es ist auch wichtig diese Thematik anzusprechen. 
Die Frage wie meine Bulimie anfing kann ich euch leider kaum erklären, denn für mich war die Bulimie immer eine Art Schadensbegrenzung. Aß ich zu viel, musste ich das gegessene loswerden. Egal wie. Egal wo. Irgendwann nahm das ganze schlimme Ausmaße an und es wurde immer schlimmer. Ich bekam unendlich viele Fressanfälle. Die Mengen waren enorm. Ich hätte nie gedacht, das all das Essen in meinen kleinen Magen passen könnte. Ich aß und aß und aß. Alles was ich finden konnte. Für mich fühlte es sich so an, als würde ich meine Eltern beklauen, aber man ist wie im Wahn. In meinen Kopf existierte nur noch "ESSEN. ESSEN. ESSEN. MEHR ESSEN. MUSS ESSBARES AUFFINDEN. ICH BRAUCH DAS JETZT." Ich aß teilweise alles was unser Kühlschrank und unsere Speisekammer hergab. Ich ging für meine Fressanfälle einkaufen und gab Unmengen von Geld aus. Unmengen ist vermutlich untertrieben. 


Das schlimme war diese Sucht. Hab ich mit Essen begonnen, legte sich ein Schalter in meinem Kopf um und ich brauchte sofort mehr. Normal gab es nicht mehr. Jeden Tag begann das Spiel erneut. ich bin aufgewacht und hatte diese laute Stimme in mir, welche nach fettigen, süße Essen rief. Mein erstes Ziel war die Küche und die Brötchen, welche auf dem Küchentisch standen. Ich klatschte Butter drauf, obwohl ich nichtmal Butter esse und eine fette Schicht Nutella und oben drauf noch Käse. Ich ekelte mich regelrecht vor mir selbst. Wer hat dieses Monster in mir erschaffen? War ich das selbst? Ich, die immer kontrolliert und vorsichtig lebte? Bedacht auf das Essen und die Kalorien achtete? Ja, ich war es. Mein Körper rebellierte. Die strenge Diät konnte er nicht mehr standhalten- und ich auch nicht.  Aber genau das wollte ich nie wahrhaben. Ich hab doch alles richtig gemacht? Ich hatte doch die Kontrolle und wollte vor allem nur die Kontrolle über etwas, was nur mir gehörte- Mein Körper. Aber genau diese Kontrolle wurde mir durch die Bulimie genommen. Ich fraß wie ein Schwein und kotzte danach alles aus. Ich ekelte mich vor mir selbst. Was ist nur aus mir geworden? 



Die Wahrheit ist, das war nur der Anfang. Es konnte noch so viel schlimmer werden.. Hätte ich das nur eher gewusst und daher schreibe ich das jetzt und möchte euch warnen! 

Anfangs war es nur einmal pro Woche, schnell wurden es zwei Mal, dann drei Mal. Damit konnte ich irgendwie noch leben. Aber wo bin ich nach ein paar Monaten gelandet? Ich erbrach jeden Tag. Nicht nur einmal. Nein, bestimmt sieben mal. Ich erbrach alles. Alles, egal ob es viel oder wenig war. ich konnte nicht anders. Die Sucht hat mich so sehr gepackt, das es für mich die einzige Lösung war. Ich ekelte mich immer mehr vor mir. Während des Essens hab ich mich geekelt, während ich vor dem Klo hockte noch viel mehr. Die Überwindung mir den Finger in den Hals zu stecken, löste noch einen größeren Ekel aus. Ich bestand nur noch aus Ekel und Scham vor mir selbst und der Tat und dem Fehler, welchen ich immer wieder begann. 


Aber auch das ist noch nicht die Realität. Nein, der Kontrollverlust ist längst nicht alles. Man wird hemmungslos. Aggressiv. Wütend. Erbarmungslos. Scheu gibt es längst nicht mehr. Nach dem Essen befindet man sich wie im Wahn! Man muss das Essen loswerden. Ich erinnere mich an die Zeiten, wo ich in meinem Zimmer lag. Mich nicht mehr bewegen konnte vor Schmerz und Herzrasen. Es war wieder einmal zu viel. Zu viel für mich und meinen schwachen und dehydrierten Körper. Aber die größte Qual war noch nicht vollzogen. Das Erbrechen. Ich schloss mich in meinem Zimmer ein und erbrach in meinen Mülleimer, welchen ich mit einer Mülltüte präparierte. Danach war ich fertig. Nervlich und körperlich. Ihr fragt euch, ob ich keine Angst hatte, das es jemand hörte? Nein, hatte ich nie. Denn ich bin ein Monster und mir war alles egal, Hauptsache ich konnte meinen Magen leeren und mich von den Schmerzen befreien. Welche in Wirklichkeit danach noch viel schlimmer wurden. Denn ich bekam solche Magenschmerzen und Krämpfe, welche mir eigentlich die Augen öffnen sollten. Ich spürte immer wieder die Magensäure, welche sich selbstständig einen Weg nach oben suchte. Nein, mir ging es nicht gut. Gar nicht gut. Nur der Schein trügte. Ihr fragt euch ob meine Eltern nichts mitbekamen? Doch, das bekamen sie. Sie hörten alles. Meine Mutti kam mir mit tränenüberströmten Gesicht entgegen und flehte mich an damit aufzuhören. Mein Herz brach innerlich in tausende Splitter. Mama, es tut mir so leid, aber ich kann nicht anders. Mama, es tut mir leid, dass du das alles hören musstest. Mama, es tut mir leid, das ich dich damit so verletzt habe. Mama, es tut mir leid, das ich dich ständig anlügen musste. Mama, es tut mir so leid, das du immer die Spritzer am Klo oder die vollen Tüten in meinem Zimmer gefunden hast. Mama, es tut mir leid, das ich deine Sorge nicht verstehen wollte. Mama, es tut mir leid, das ich dir immer leere Versprechen geben musste. Mama, mir tut einfach alles so unendlich leid. Vergesst nie, eure Eltern Lieben euch und wollen nur das beste. Lügt nicht, sondern sprecht die Wahrheit und nehmt die Hilfe an. Sie meinen das doch nicht böse. 



Ich ließ meine Eltern in dem Glauben, das alles besser wurde. Aber die Wahrheit? In Wahrheit erbrach ich weiter. Heimlich. Wenn niemand zu Hause war. Ihr fragt euch, wie ich das kontrollieren konnte, meine Fressanfälle? Konnte ich nicht. Ich fraß auch abends oder am Wochenende wenn beide zu Hause waren. Ich versuchte sie regelmäßig aus dem Haus zu locken. Ich musste meine Aggressionen verstecken, damit ich sie nicht anschrie, das sie sich endlich verpissen sollen und mich in Ruhe kotzen lassen sollen. Manchmal klappte es, manchmal nicht. Ich musste neue und bessere Wege finden. Und diese fand ich auch. Man lernt immer neue Tricks und Möglichkeiten um die Sucht aufleben zu lassen. Ich fraß unverholfen weiter und ging dann 'spazieren' oder 'Fahrrad fahren' oder 'mich mit Freunden treffen'. Aber in Wahrheit suchte ich eine Stelle wo ich mich entledigen kann. Es ist wie im Wahn. Mich interessierte nichts mehr. Gar nichts. Ich könnte euch jetzt 1000 Stellen aufzählen, wo ich hingekotzt habe. In den Wald, auf Felder, in öffentliche Toiletten, in Züge, mitten auf den Weg, in die Schule, in Mülltonnen und und und. Ob mich jemand dabei sah? Egal, ich war wie im Wahn. Nichts ist mehr wichtig. Gar nichts. Hauptsache ich fühlte mich leer. 



Leute, lasst euch das eine Lehre sein. Die Sucht ist unendlich. Einmal angefangen und man greift immer wieder darauf zurück. Denkt bitte an die Menschen, die euch lieben. Eure Eltern. Eure Freunde. Eure Großeltern. Wollt ihr Ihnen das wirklich antun? Ihr habt die Entscheidung in der Hand. Nur ihr allein, aber ich kann euch nur ans Herz legen, kümmert euch, bevor es diese extremen Ausmaße annimmt.. Hilfe ist nichts schlimmes. Nein, es kann euch das Leben retten. Macht euch nicht kaputt, es wird nie besser, wenn ihr nichts ändern wollt, dann denkt bitte über meine Worte nach. Das Leben ist nie einfach. Aber es ist eure Entscheidung, was ihr daraus macht. Nehmt die Bulimie nicht auf die einfache Schulter. Es wird Ausmaße annehmen, welche ihr jetzt noch nicht erkennt. 

Die Folgen sind so schlimm. Herzrhythmusstörungen, Kaliummangel, Dehydrierung, kaputte Zähne, Krebs, offene Stellen im Rachenraum oder das einreisen der magenwand. Ihr schwebt bei jedem Fressanfall und Erbrechen zwischen Leben und tot. Was wollt ihr wirklich? Ich schätze Leben. 

Montag, 1. Juni 2015

Lebst du dein Leben?

Hier bin ich wieder, immer noch gefangen von meinen Dämonen, die mir tagtäglich den Schlaf, die Energie und meine Gedanken rauben. Ich fühle mich so allein wie seit langem nicht mehr. So depressiv wie seit Monaten nicht mehr. Ich mag es eigentlich allein zu sein, aber ich bin nur noch einsam.

Ich weiß nicht wie lange es her ist, dass ich hier schreibe und ich weiß auch nicht wie viele Entwürfe ich geschrieben habe. Entwürfe, die nur darauf warten veröffentlicht zu werden. Aber sie gefallen mir nicht mehr. Ich verabscheue die Worte und Sätze. Ich verabscheue momentan vermutlich alles.
Das Wetter. Die Schule. Die Menschen. Meine Vorhaben. Und am meisten mich selbst.

Das wird jetzt vermutlich der erste Post sein, der absolut keine bestimmte und motivierente Thematik besitzt und einfach nur aus meiner Gedankenkotze besteht. Wortwörtlich, um genau zu sein. Aber vermutlich wird der Post euch auch auf meinen gefühlstechnischen neusten Stand bringen. 

Seit Ende Januar ist alles wieder so schlimm. Ich habe meine erste Abiturprüfung erfolgreich absolviert - mit einer körperlichen Verfassung, die eigentlich kaum zumutbar war. Ich wog 43kg. Habe nichts mehr gegessen und getrunken. Stand kurz vor einer Zwangseinweisung in die Klinik. Irgendwie habe ich den Bogen bekommen. Einen Bogen, den ich am liebsten nie so bekommen hätte. Ich begann zu fressen. Immer mehr und mehr. Mehr und noch mehr. Ich hatte solche Fressanfälle wie ich seit Jahren nicht mehr hatte. Ich nahm immer weiter zu, obwohl ich erbrach. Mein Körper speicherte alles. Ich schaute in den Spiegel und fühlte mich fett und ekelhaft. Ich erinnere mich noch an die unzähligen Male als ich vor dem Spiegel, vor meinem Spiegelbild zusammenbrach - weinend. Verletzt. Geekelt vor mir selbst. 

Wieso kann man das noch als leben bezeichnen? Denn es war nichts davon. Alle dachten mir geht es besser, aber in Wahrheit ging es mir schlechter als je zuvor. Psychisch und physisch war ich ein Frack. Ich nahm zu. Ich hatte mir geschworen die Zahlen auf der Waage nie wieder zu sehen. Aber plötzlich prangerten die Zahlen auf dem kleinen Display. Ich musste etwas ändern. Irgendwas. Nur was? 

Ende vom Lied? Es hat sich nichts geändert. Es nimmt schon wieder neue Ausmaße an und ich habe keine Kraft mehr zu kämpfen. Keine kraft gegen die Essstörung oder einfach nur gegen mich und meine Dämonen zu kämpfen. Ich liege seit 3 Tagen in meinem Bett. Bewege mich nicht. Trinke fast nichts. Esse nur das nötigste. Fühle mich kraftlos und krank.  Lerne nicht für meine mündliche Prüfung, welche morgen ist. Ich bin innerlich tot. Oder einfach nur depressiv. 

Aber wisst ihr was? Gestern Nacht konnte ich nicht schlafen. Ich war hellwach. Dachte über mein Leben nach. Über Menschen aus meinem Umfeld und Menschen, die selbst unter einer Essstörung leiden. Da ist ein Mädchen an meiner Schule, welche selbst seit Jahren unter schlimmer Magersucht leidet. Sie ist jünger als ich, aber ich habe das Gefühl, dass sie auch stärker ist als ich. Ich weiß, wenn du das hier liest, wirst du das nicht denken. Aber es ist die Wahrheit. Ich habe kaum einen Menschen gesehen, der so sehr kämpft. Nicht aufgibt. Stark ist. Und doch noch so viele Ängste und Probleme hat. 

Aber wisst ihr was? Wir kämpfen beide. Wir wollen Leben und lachen und Spaß haben. Etwas erreichen und stolz darauf sein. Irgendwie hat mich gestern einfach ein Blitz innerlich getroffen, ich habe meine Meinung geändert. Ich habe eine Entscheidung getroffen: ICH WERDE GESUND

Und jetzt frage ich euch? WOLLT IHR EUER LEBEN LEBEN? WOLLT IHR GLÜCKLICH SEIN?
Eigentlich gibt es nur eine simple Antwort: JA
Ihr seid besorgt um andere, warum seid ihr es nicht auch um euch? Ihr seid der Mittelpunkt eures Leben. Ihr seid euer Baum des Lebens, jetzt müsst ihr nur beginnen ihn zu gießen, beobachten und am Ende werdet ihr die Blüten betrachten und die Ernte genießen. Ihr seid der Chef euer Lebens. 

Und zum Schluss soll sich jeder die Frage stellen: Lebt ihr euer Leben, wie ihr es euch ausmalt?