Samstag, 20. September 2014

Freunde, Schule, Krankheit und Hilfe

Es tut mir Leid das ich mich so lange nicht gemeldet habe. Aber entweder fehlte mir die Motivation oder ich hatte keine Zeit. Die Schule hat mich in den letzten Wochen so ausgelaugt, das ich nach der Schule ins Bett gefallen bin und nichts mehr machen konnte, was anstrengend war- ich fühlte mich wie ein reinster Roboter, der nichts tat, außer zu funktionieren und Höchstleistungen zu erbringen. Ich hoffe ihr könnt mir verzeihen.. und ich hoffe ihr könnt mir auch verzeichen, dass ich auf Ask ( http://ask.fm/eating_disorder) nicht mehr so aktiv war, aber das ändert sich wieder..

Ok um zum eigentlichen Thema zurück zu kommen, ich möchte euch ein bisschen was über meine Freunde erzählen, wie sie reagierten und wie sie mir halfen. Wie die Schule mit der Krankheit umging, wie sie mir half und was ich schätze, oder eben auch bereue. Und zu guter Letzt, warum ich mich entschied eine Therapie zu starten und warum eine Therapie immer eine gute Wahl ist.

Um euch eine kleinen Einblick zu geben: 
Es war Dienstag, im Januar 2012. Wir hatten Biologieausfall und warteten alle zusammen auf die nächste Stunde. Meine Freunde hatten meinen iPod und ich ging aufs Klo. Was ich nicht wusste, sie lasen etwas, was nicht für ihre Augen bestimmt war- Extremdiäten, Extremhungern und meinen Gewichtsverlust. Ich bekam das erst nach 2 oder 3 Wochen mit, als eine andere Freundin mir alles erzählte. Ich war so geschockt und wütend, nicht nur, weil sie es einer Lehrerin erzählten- meiner Sportlehrerin, die später noch eine wichtige Rolle spielen wird- sondern weil sie mir nichts erzählten. Erst dann merkte ich, dass sie über mich redeten, mich anstarrten und genau beobachteten. Ich hasste es! Ich hasste es so sehr, das ich mich von ihnen abgrenzte. Ich wollte allein sein- und das war falsch! Als ich im Februar in Sport zusammenbrach, waren alle hoch alarmiert. Sie waren schockiert, ängstlich und besorgt. Hier began das Theater- Sie wollte mir helfen. 
Wollte ich Hilfe? NEIN! 
Wieso? Ich wollte krank sein, ich wollte stark bleiben, ich wollte alle anlügen und so tun, als ginge es mir gut. Ich wollte einfach nur RUHE! 
Es verstand niemand! Niemand akzeptierte und verstand mich... Das war doch alles was ich wollte.. 
Meine Sportlehrerin kam auf mich zu- aus Sorge. Sie verstand mich nicht, aber gab ihr bestes. Sie half mir zu verstehen und das war ein wichtiger Schritt, in die richtige Richtung. Nach weiteren Gesprächen mit ihr, war mir klar "Ich bin krank, richtig krank. An der Tür zum Tod". Aber Hilfe? Nein, Hilfe wollte ich noch lange nicht. 
Wieso? Ich dachte, ich sei nicht krank genug. 
Genau dieser Gedanke, geht durch so viele Köpfe der an Essstörung erkrankten Mädchen und Jungen. Aber wisst ihr was?
Mir Hilfe zu suchen, war das beste und größte was ich je getan habe. Auch wenn ich zurückblickend, dass nicht für mich getan habe, sondern für meine Freunde, Eltern und Lehrer, weiß ich, es war richtig. 
Nun ja, ich schweife ab- wie immer.
Meine Freunde unterstützen mich zwar, aber sie drängten mich nach Hilfe zu suchen. Ich weiß es war Sorge, aber ich hasste es! Letzendlich tat ich es. Ich ging im Juli 2012 in eine Klinik und sollte dort lernen zu essen und zu leben. Ich hatte jeden Tag Angst, dass ich nicht dünn genug war, für die Klinik, für Hilfe. Aber ich weiß, man muss nicht dünn sein um Hilfe zu bekommen. Es gibt keine Grenzen für Hilfe. Es gibt keine Grenzen um zu Leben. Es gibt keine Grenzen für ein gutes, gesundes und schönes Leben. Das ist das, was wir Lernen müssen.. Wir müssen Lernen, uns zu Sorgen- nicht nur um andere, sondern um uns selbst. Jeder kann auf sich aufpassen, aber warum macht es keiner? Genau, weil wir Angst haben. Wir haben solche Angst, das wir die Angst nicht einmal sehen oder spüren. Das kommt davon, das die Krankheit so stark ist, das sie alles begräbt was uns gut tun würde. 
Fangt an zu lernen, fangt an euch zu sorgen (um euch selbst), fangt an zu leben. All das ist ein Prozess, den jeder gehen sollte..
Als ich in der Klinik war, sagte meine Therapeutin zu mir "A. ich verstehe nicht, warum du dich so hasst, das du dir alles verbietest. Ich verstehe nicht, warum du dich so wehrst. Ich verstehe nicht, warum du die Chance nicht nutzt." Meine Antwort lautete "Ich verdiene all das nicht."- Aber doch, ich verdiente es. Ihr verdient es! Jeder verdient es! Seid offen und beginnt euch selbst zu helfen, indem ihr Hilfe annehmt. 
Ich bereue es, das ich die Hilfe von meinen Freunden und der Schule nicht annahm. Nein, ich wollte es allein schaffen, aber ich scahffte es nicht. Ich zerstörte mich jeden Tag mehr und mehr. Ich wurde jeden Tag unglücklicher, verlor mich jeden Tag mehr und mehr. Aber es interessierte mich nicht, weil ich dachte, es ist richtig. Zurückblickend kann ich nur sagen: 
Es war so falsch, mir ging es so schlecht, das ich es nicht merkte. Ich verdrängte alles. Alles, was mich zerstörte. Ich dachte, alleine ist es schaffbar, aber nein! Leute, lasst euch helfen. Ihr werdet das nicht bereuen. Klar, es ist nicht einfach, aber um einiges einfacher, als das was ihr jetzt durchmacht. Ihr zerhungert euren Körper, eure Gefühle, eure Freundschaften. Ihr macht euch alles kaputt, wenn ihr so weiter macht. Das ist das traurige und ich hoffe, ihr entscheidet euch für den richtigen Weg, nämlich Hilfe zu suchen und vor allem ANZUNEHMEN! 
Ihr seid doch alle wunderbar, macht euch nicht kaputt.. KÄMPFT für euch und für das, was vor euch liegt.. Ihr verdient das, okay? okay!

Wisst ihr was mich traurig macht, meine Freunde besuchten mich nicht einmal in der Klinik, weil sie Angst hatten, dass ich sie abweise und schlecht drauf bin- so wie sonst. Ich war so unheimlich traurig, das ich merkte, wie viel ich MIR SELBST zerstörte. 
Meine Sportlehrerin rief nicht an, obwohl ich ihr meine Nummer gab und sie darum bat. Auch das habe ich MIR SELBST durch schlechtes Verhalten, ihr gegenüber, zu verschreiben. 
Ich habe mir alles kaputt gemacht. 

Zu guter Letzt möchte ich noch etwas zu Freunden von Betroffenen sagen:
Eure Freundin oder euer Freund geht es nicht gut. Ihr spürt das vielleicht und merkt, dass sie an einer Essstörung leidet. Ihr wisst nicht was ihr machen sollt, weil ihr Angst habt. Ich kann euch etwas sagen, was es einfacher macht und was ich gelernt habe- durch meine Freunde.
Meine Freunde hatten immer Angst, das ich sie wegstoße- was ich getan habe. Sie wollten mich nicht verletzen. Sie wollten mir zwar Helfen, wussten aber nicht wie. 
Der richtige Weg ist, das ihr die Person ansprecht- offen ansprecht. Erklärt ihr eure Sorge und eure Ängste. Aber ihr dürft ihr nichts vorwerfen, NICHTS! Das wird die Person verschrecken- sie wird sich verarscht vorkommen, weil sie selbst nicht sieht, wie es ihr in wirklichkeit geht. Sprecht sie niemals auf ihr Gewicht an oder fragt sie auch nicht, was sie gegessen hat. Dadurch wird sie denken, dass sie kontrolliert wird oder das sie zu viel gegessen hat. Sie wird abblocken, aber das sollte euch nicht verängstigen. Bleibt an der Geschichte dran, erklärt und argumentiert gut. Ihr solltet euch zusammen dem harten Weg stellen- das wird nicht einfach und es verlangt Durchhaltevermögen, eurerseits. Sie will aufgeben, eure Aufgabe ist es, ihr zu helfen und sie aufzubauen. Schreibt ihr süße und liebe Nachrichten, die sie aufmuntern. 
Wenn sie euch wegstößt, bleibt bei ihr, umarmt sie, lasst sie weinen- aber geht niemals weg, sie meint es nicht böse.. 
Wenn sie Hilfe bekommt, steht ihr weiter bei und denkt nicht, das alles wieder gut ist, denn das geht nicht von heute auf morgen. 
Ihr denkt "Toll warum soll ich all das machen, was habe ich davon?"- Ihr habt eine gesunde und tolle beste Freundin/Freund davon, der euch IMMER schätzen wird. Das was ihr macht, ist das Zeichen einer wahren Freundin. JEDER wird euch dafür so schätzen, das man es nicht in Worte fassen kann.. Haltet durch!

An Betroffene:
Ich kann nicht viel weiter sagen, nur: NEHMT DIE HILFE AN! Öffnet euch und steht euch die Krankheit ein. Es ist eine geheime Krankheit, aber es wird Zeit, darüber zu reden. Tut es für euch und alle die euch lieben. Glaubt mir, das ist es wert! Das Leben hat Gewicht!

In Liebe, 
Eure A.